Zwei lange Wochen vom 9.1.23, 16.1.23
Ende der Vorlesungszeit! Kaum hat das neue Jahr begonnen, endet schon etwas. Zwei Wochen relativ konzentrierte Arbeit. Abschlusspräsentationen. Vorüberlegungen zu summativen Bewertungen. Auf allen Seiten. Natürlich noch mit Cyberanfall (aka Käseglocke).
Dieses schöne Wort fiel auf einer Dienstbesprechung, die eigentlich eine Besprechung für eine neue Studien- und Prüfungsordnung sein sollte, es aber dann doch kaum war. Prioritäten. Aber ja, die Hochschule hat immer noch einen Anfall von Cyber.
Mitte Dezember wurde noch angekündigt, dass manch ein System ab Mitte Januar auch außerhalb der Hochschule zugreifbar sein sollte. Aber warum soll der Betrieb von IT-Systemen auch anders als anderswo laufen, zumal eine Hochschule zugleich eine Behörde ist. Jemand mit mehr Insiderwissen, dank Amt, meinte letztens zu mir, dass eine Bestellung nicht geliefert wurde und nun das Ganze eher auf Anfang März verschoben werden soll. Da bleibt nur zu hoffen, dass der Betrieb im Sommersemester nicht noch mehr beeinträchtigt wird. So oder so ein Lehrbeispiel für häufig anzutreffendes Projektmanagement.
Das mit der Behörde wird immer ernster genommen. Also muss man für jeden Unsinn Formulare ausfüllen. Zum Ausgleich verlängert sich die Bearbeitung der Anträge, der Beschaffungen. Die Bearbeitungsdauer eines bestimmten Antrags hat sich von sechs Monaten auf durchschnittliche 2,4 Jahre verlängert. Da erstarrt jede Änderung. Und die Behördenleitung wundert sich ob der geringen Bereitschaft von Kolleg:innen sich auch kurzfristig zu engagieren oder ob deren inneren Emigration.
Zwei Personen haben in diesen zwei Wochen geholfen, dass ich diese Welt besser verstehe. Eine Person erklärte mir, dass der Fokus einer öffentlichen Verwaltung darin besteht, den eigenen Ar... zu retten, keine Fehler zu machen. Im Zweifelsfall ist diese untätig. Wer nicht arbeitet, kann keine Fehler machen. Egal, ob es der verwalteten Organisation schadet. Die andere Person half mir viele Äußerungen einer bestimmten Gruppen von Personen zu verstehen. „Sozialwissenschaftlich ausgebildete Menschen sind darauf trainiert zu polemisieren.“ Wer auf die Kraft seiner Worte vertrauen muss, dem bleibt wohl wenig anderes übrig. Zumal das auch schon für die Lehrer dieser Personen zutraf.
Vielleicht schreibe ich darüber einmal separat. Einige Zettel sind schon angelegt.
Klaus Kusanowsky und ich haben auch den zweiten Zettelcast aufgenommen. Diesmal geht es um Bewertungsprobleme. Die anderen Mitglieder der Zettelkastenrunde waren noch nicht bereit. Mittwoch fand die Runde erneut statt. Diesmal gab es mindestens zwei Pärchen. Bin gespannt, wer was wann worüber aufnimmt und veröffentlicht. Sonst unterhalte ich mich wieder mit Klaus.
Eindeutige Lieblingsveranstaltung war dieses Semester das „Seminar IT-Systems.“ Die Teilnehmer und -in haben sich auch bei den Abschlusspräsentationen ins Zeug gelegt, wie schon vorher zu den Zwischenpräsentationen. Besonders gefielen mir die Diskussionen, bei denen ich nicht zu aktiv sein musste. Was dort untereinander an Fragen gestellt wurde, was bemerkt wurde, das war immer gutes Niveau. Besonders bei denen, die sich vorbereitet hatten.
Auch in den anderen Veranstaltungen gab es Lichtblicke. Die waren aber im Seminar an der Wochenordnung.
Der zweite Platz geht an die Vorlesung „Softwaretechnik.“ Viele haben aktiv mitgearbeitet, manche stellten gute Fragen. Andere bemerkten alles, wieder andere machten zu allem eine Bemerkung. Aber wenn von ca. 70 angemeldeten Prüflingen permanent nur 30 anwesend waren, auch beim letzten Termin, dann bedient das bei mir gewisse Erwartungen. Aber immerhin besser als bei „Projektmanagement“: 50 Prüflinge, 15 kamen zur abschließenden Veranstaltung. (Für Insider: das kann bedeuten, dass die Aufteilung dieses Semesters im nächsten nicht beibehalten wird.)
Das Kolloquium war größtenteils erfreulich, wenn auch mit erheblichem „Hand-auf-Stirn“-Faktor. Wenn man die Abschlussarbeit (Thesis) als Höhepunkt des Studiums ansieht, so haben immerhin einige die dazu angemessenen Prioritäten bestimmt. Für mich interessant war, dass die meisten Abschlussarbeiten sich zwar vordergründig mit manch hippen oder ex-hippen Thema beschäftigte, aber vom Hauptteil sich auf Fächer des erweiterten Grundstudiums bezogen (1.-3. Semester). Projektmanagement, Anforderungsanalyse, Statistik. So etwas.
Die Projektstudien lassen mit eher ratlos zurück. Eine von insgesamt fünf Gruppen hat mutmaßlich gut bis sehr gut gearbeitet und das, was man im bisherigen Studium so lernen sollte, aus vernünftig angewendet. Andere Gruppen zeigten kurz vor der Abschlusspräsentation, dass sie grundlegendes Wissen vermissen ließen. Wer Software erstellt und erst Tage / Minuten vor Ende überlegt, was in einer Build-Beschreibung stehen muss, bei denen weiß ich nicht, was diese in den Monaten vorher getan haben, außer im schlechten Sinne herumzubasteln. Dabei gab es genügend Angebote der Hilfe. Ein Lichtblick: während zwei Gruppen im 7. Semester weniger gute Leistungen mit dem Cyberanfall zu erklären versuchten, waren die Gruppen im 4. Semester da klarer. Sie schoben die Ursachen nicht auf externe Ereignisse. Bereiten sich da manche im 7. Semester mental auf die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung vor? Böse gefragt.
Vielleicht leben wir in einer Gesellschaft, die weniger gestalten will, als sich über Fehler anderen sozial-medial aufzugregen.
Unabhängig davon lasse ich mich überraschen, wenn ich die Ergebnisse, ob nun von Klausuren, Seminararbeiten oder von Projekten ansehen werde und bewerten muss.
Lange Wochen gibt es erstmal nicht. Vielleicht gibt es auch schon genug davon. Vermutlich kann ich zukünftige Teilnehmer auf einen bisherigen Post verweisen, so häufig sich hier etwas wiederholt. Inzwischen kümmere ich mich um meinen Zettelkasten.
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