Rückblick Sommersemester 2023
Gestern habe ich alle Noten veröffentlicht. Drei Abschlussarbeiten harren noch der Begutachtung, eine weitere sollte in spätestens zehn Tagen abgegeben sein. Und damit ist dann das Sommersemester 2023 Geschichte. Etwas Zeit zum Durchschnaufen bleibt. Dann geht die Planung für das Wintersemester 2023/4 los. Aber zunächst ein kleiner Rückblick. Was war gut? Was war verbesserungswürdig? Was war bemerkenswert?
Projektmanagement (2. Semester)
Zu diesem Fach schreibe ich normalerweise etwas auf einer separaten Seite. Ob es die Seite https://agiles-studieren.de/ in aktueller Form weitergeben wird, lasse ich einmal bewusst offen.
Obwohl Heinrich Kümmerle als zusätzlicher Lehrbeauftragter im letzten Wintersemester 2022/3 sehr gute Arbeit geleistet hatte, gab es immer noch zu viele Studierende, die in diesem Fach keine Prüfung abgelegt hatten. Heinrich Kümmerle sagte zu, auch in diesem Semester eine parallele Veranstaltung anzubieten. Aber dieses Mal teilten wir die Menge an Studierenden anhand der Matrikelnummer auf. De facto kamen alle zu mir, die im zweiten Studiensemester waren, keinen Fehlversuch im Fach vorzuweisen hatten und auch noch nicht in einen anderen Studiengang studierten. Heinrich Kümmerle bot seine Veranstaltung für alle anderen Studierenden an. Er ging nach dem Modell der seminaristischen Vorlesung vor, ich wie üblich nach dem Agilen Studieren.
Bei mir bildeten sich zum ersten Termin acht Gruppen, später kamen noch zwei weitere dazu. Insgesamt 64 Studierende. Für Informatiker eine hübsche Zahl. Bei ihm nahmen so grob 20 Studierende teil. Die Prüfung noch offen hatten einige mehr als jene grob 84. Die restlichen zogen mutmaßlich alternative Lernmethoden vor. Hoffentlich nicht die Methode Hoffnung.
Dank dieser Aufteilung plante ich nach der ersten Vorlesungswoche ein kleines Experiment. Da in meiner Veranstaltung nur Studierende teilnahmen, die das Fach noch nie besuchten und mutmaßlich wenig Kontakt zu denen mit entsprechender Erfahrung hatte, wollte ich dieses Semester möglichst identisch zum letzten Semester durchführen, inklusive gleicher Klausur. Alles was sich vom letzten Semester unterschied waren die Studierenden selbst und ein wenig wegfallendes Chaos zu Beginn des Semesters.
Natürlich bin ich während des Semesters auf die kommunizierten Bedürfnisse der Studierenden eingegangen. So wie ich das immer tue. Wer Fragen stellte, bekam die bestmögliche Antwort. In diesem Semester wurden meine impulsvorträge stärker nachgefragt. Probleme in den Gruppen wurden spezifisch angegangen.
Alles andere blieb sehr ähnlich zum letzten Semester. Es gab wieder die vom Prüfungsausschuss genehmigte Regelung zu den Zusatzpunkten. Die Gruppengröße blieb fast unverändert. Und als in einer Fragestunde nach einer Altklausur gefragt wurde, zeigte ich die gleiche Altklausur wie im letzten Wintersemester.
Was kam heraus?
Heinrich Kümmerle veränderte seine Klausur zum Vorsemester, natürlich. Die eine oder andere Aufgabe wurde leicht angepasst, zum Beispiel indem Zahlen geändert wurden. Dank seiner sehr individuellen Betreuung, teilweise waren nur 10 Studierende anwesend, fiel die Klausur leicht besser als im letzten Semester aus. Die erreichten Punkte lagen im Bereich von 5 und 91 Prozent der möglichen Punkte. Auch im letzten Semester lag die Bestehensquote bei etwas mehr als 80 Prozent.
Meine unveränderte Klausur fiel wesentlich schlechter als im letzten Semester aus. Die Bestehensquote sank von knapp 80 Prozent auf 60 Prozent. Die erreichten Punkte lagen im Bereich von 26 bis 96 Prozent. Die Anzahl der guten und sehr guten Noten blieb unverändert, die Anzahl der durchschnittlich erfüllten Anforderungen halbierte sich.
Woran das genau liegt, ist mir unklar.
Vielleicht waren die Studierenden durch den Cyberanfall des letzten Semesters von sich aus aufmerksamer. Dagegen spricht die verbesserten Leistungen in anderen Fächern (von anderen Studierenden). Zumal die Auswirkungen immer noch nicht behoben sind. Auf Basis meiner Notizen habe ich versucht, mich möglichst gleich zum letzten Semester zu verhalten. Vielleicht gab es da die eine oder andere Interferenz oder eben keine Aktivierung. Klar, die Studierenden sind andere. Und in der Vergangenheit fielen die Klausuren in diesem Fach im Sommersemester besser als jene im Wintersemester aus, wofür es eine einfache Theorie gibt.
Softwaretechnik (3. Semester)
Im Unterschied zum letzten Semester mit den katastrophalen Ergebnissen in der Klausurprüfung war das Setting wie früher. Ich lehre die eher theoretischen Grundlagen, jemand anderes veranstaltet praktische Aufgaben. Auch dieses Setting ist nicht besonders gut. Dazu später.
Viele Studierende haben das Fach wieder ernstgenommen. Es gab gute Fragen, gute Diskussionen. Und mit dem Stoff sind wir auch einigermaßen hingekommen. Wunderbar wenig war nach Schema-F. Insgesamt war diese Lehrveranstaltung in diesem Semester meine Lieblingsveranstaltung.
Die Ergebnisse der Klausurprüfung waren wesentlich besser als im letzten Semester. Gut, schlechter als im letzten Semester ging es kaum. Etwa ein Drittel haben die Prüfung nicht bestanden. Das ist weniger als in vielen vorigen Semestern, auch in denen mit ähnlichem Setting. Natürlich ist eine solche Quote nicht mein Ziel. Besser wäre eine Bestehensquote von mehr als 80 Prozent, ohne dabei nur triviale Aufgaben zu stellen. Im Mittel sieht man hieran vielleicht, wie sehr sich studentisches Engagement in den Ergebnisse niederschlägt.
Aber leider nur im Mittel. Als ich die bewerteten Klausuren den Studierenden zugeordnet habe, ich bewerte die Klausur ohne Kenntnis der jeweiligen Person, wurde sichtbar, dass einige der besonders engagierten Studierenden leider doch nicht bestanden haben. Vielleicht können wir die Ursachen persönlich in der Prüfungseinsicht ermitteln.
Im kommenden Semester ändere ich das Setting grundlegend. Beide Teilveranstaltungen werde ich anbieten. Damit lassen sich die Inhalte besser abstimmen, was in der Vergangenheit noch nie geklappt hat. Vorbehaltlich von Änderungen werde ich, wie üblich, zwei Vorlesungsstunden die theoretischen Grundlagen vorstellen. Unmittelbar anschließend sind dann vier Vorlesungsstunden praktische Arbeiten gefordert, in denen wir das in der Vorlesung vorgestellte vertiefen. Damit nehme ich zugleich eine geplante Änderung der sich noch in Arbeit befindlichen neuen Studien- und Prüfungsordnung vorweg.
Wer sich für den praktischen Teil schon vorbereiten will, sollte sich den Zettelstore ansehen und ausprobieren. So viel Synergie muss sein.
Projektstudie (4. Semester)
In diesem Semester war ich positiv überrascht, dass sich mehr als 20 Studierende einfanden. Sonst war ich froh, wenn es zehn waren. Glücklicherweise gab es einige externe Stakeholder, die ihr Thema bearbeitet haben wollten. So gab es für alle genug zu tun.
Wie üblich waren zu Beginn alle motiviert. Wie leider ebenso üblich, waren einige etwas frustriert, wenn sich die eigenen Pläne doch nicht verwirklichen ließen. Das ist Teil des Lernens. In jeder Gruppe gab es trotz allem jemanden, der versuchte, die anderen aus der mentalen Grube herauszuholen. Wenn auch nicht immer mit dem gleichen Erfolg.
Insgesamt gab es zwei gute Gruppenergebnisse und zwei Ergebnisse, die eher durchschnittlichen Anforderungen genügten. Zum Glück lernt man nicht nur von den Ergebnissen.
Mich freute die Einladung zu einem kleinen Treffen jenseits der Hochschule, in einem Biergarten. Natürlich war die Teilnahme freiwillig und hatte auch nichts mit einer Bewertung zu tun. So ergaben sich nette Gespräche, auch jenseits des Studiums.
Projektstudie (7. Semester)
In dieser Veranstaltung haben wir uns gerne auch so über verschiedenes unterhalten, wenn auch ohne Biergarten. Recht gut hat die eine Gruppe das schon länger zu bearbeitende Thema der Anmeldung und Verwaltung von mündlichen Prüfungen im Geschwisterstudiengang durchgeführt. Das andere Thema war die Fertigstellung der Auskunftswebsite zum ÖPNV-Transparenzregister.
Beide Gruppen litten ein wenig durch den immer noch nicht in seinen Auswirkungen bewältigten Cyberanfall. So blieb das eine oder andere an der Kunst der Softwaretechnik auf der Stecke. Trotzdem können sich die Ergebnisse sehen lassen.
Das Drittmittelprojekt des ÖPNV-Transparenzregster ist nun ausgelaufen. Hier muss ich als am Projekt Beteiligter mutmaßlich noch etwas basteln, bevor der Programmcode den Auftraggebern übergeben wird und die Website spätestens Anfang nächsten Jahres abgeschaltet wird.
Kolloquium (7. Semester)
Wie schon im letzten Semester veranstaltete ich mit der Vertretungskollegin hat Kolloquium. Dort stellen die Studierenden ihre Abschlussarbeiten vor, wie hinterher auch ihre Ergebnisse. Immer eine gute Möglichkeit zu sehen, welche Themen die anderen Kolleg:inn:en betreuen. Diesmal übernahm die Vertretungskollegin die organisatorischen Aufgaben.
Hatte uns das Kolloquium im Wintersemester insgesamt recht viel Freude bereitet, so fanden wir dieses Semester mehr Schatten als Licht. Aber ja, es gab auch helles Licht, Freude um manche Präsentation. Aber auch viel Schema-F seitens der Präsentierenden. Manchmal versuchte der Schwanz auch mit dem Hund zu wackeln.
Freude gab es immer mal wieder im Anschluss, wenn wir beide aus lauter Zuhörfrust unabhängig voneinander so gut wie die gleichen Entenhausen-Begriffe in die Präsentationsunterlagen gekritzelt hatten.
Insgesamt bin ich froh, dass im nächsten Semester andere dort Veranstaltende sind.
Was war sonst?
Nette Gespräche mit Kolleg:inn:en, auch beim Kaffee. So langsam gewöhne ich mich an die positiven Seiten des Bildungsdisneylandcampus. Trotzdem erstaunlich, wenn man die Kollegen im Studiengang (gefühlt?) häufiger online als in Präsenz gesprochen hatte. Aber es gibt auch Geschwisterstudiengänge. Und es gab einen netten Fakultätsworkshop. Für mich als eher introvertierte Person gab es viele nette Unterhaltungen.
Es gab auch nette Briefe, Emails. Von Studierenden. Einmal sogar auf Papier. Und vor der Klausur, nicht erst wenn man bestanden hat. Vielleicht ein Tipp, um die Nervosität vor einer Prüfung zu verringern: dem Prüfer einen Brief schreiben. Brief. Schreiben. Nicht Mail. Nicht tippen. Man muss ihn ja nicht absenden. Habe ich in meinem Studium auch immer mal wieder gemacht.
Das Radfahren hat mir Freude gemacht. Oder der kleine Workshop zum agilen Arbeiten mit Mitgliedern der Fakultät. Und trotz allen notwendigen Aktivitäten konnte ich hier und da am Zettelstore basteln. Ein kleines Synergieprodukt. Kein Projekt.
Ausblick
Im nächsten Semester biete ich nur noch vier Lehrveranstaltungen an, erhöhe aber zugleich mein Deputat. Zusätzlich freue ich mich über die eine oder andere Anfrage auf Betreuung der Abschlussarbeit.
Leider verlassen uns zwei Vertretungsprofessor:inn:en. Das eine oder andere Gespräch wird mir fehlen. Besonders jene mit viel offenem Lachen. Aber wer weiß, wann man sich wieder trifft.
Dafür gibt es zwei neue, feste Kollegen. Den einen kenne ich schon länger. Der andere ist wirklich neu. Bin gespannt, was beide uns für Impulse zum gemeinsamen Arbeiten geben.
Wann der Cyberanfall bewältigt wird, bleibt offen. Was es innerhalb der Fakultät an Gesprächen gab, das fehlte in diesem Semester an reinen Informationen zum Thema. Nicht einmal Gespräche. Immerhin geht es Schritt für Schritt weiter. Wir dürfen uns immer überrachen lassen, wann welcher Schritt erfolgt. Und ob die von mir betriebenen Systeme im nächsten Moment noch verfügbar sind. Immerhin waren sie es in diesem Semester, meistens. Man ist ja genügsam.