Die lange Woche vom 27.3.23
Diese Woche war zwar relativ kurz, aber dennoch „lang“. Das „lang“ bezieht sich ja nicht auf die Dauer. Für andere schon. Und in diesem Sinne wünsche ich S.L. alles Gute, vor allem Genesung.
Montag ist WebEx-Tag. Diesmal nicht. Dafür hatte ich relativ freie Zeiteinteilung, die ich hauptsächlich dazu nutzte, Zettelstore 0.11 freizugeben. Danach schnackte ich noch etwas mit Heinrich Kümmerle, auch über die dienstägliche Lehrveranstaltung, aber auch über alles andere. Nicht mittels WebEx, sondern Goto.
Am Dienstag war gut zu sehen, was für einen Risikotyp die Studierenden in der Mehrheit haben. Zumindest die im zweiten Semester im Fach Projektmanagement. Die Termineinteilung beim Agilen Studieren ergab nämlich, dass Lösungsvorschläge bis Karfreitag hätten abgegeben werden müssen und ich bis inklusive Ostermontag Zeit hätte, diese zu bewerten. Damit ergibt sich das Risiko, dass ich die Lösungsvorschläge nicht bewerten könnte, sollte das VPN dann nicht funktionieren und die Studierenden somit am Osterdienstag keine Rückmeldungen hätten. Statt dessen müssten sie bestimmt bis Ostermittwoch warten. Als Risikobewältigungsstrategie schlug ich vor, entweder die Lösungsvorschläge bis Kardonnerstag fertigzustellen oder die Lernphase gleich um eine Woche zu verkürzen, also bis zum Freitag. Die Mehrheit stimmte für diesen Freitag. Klausurfrage: um welchen Risikotyp handelt es sich?
Immerhin war das mal angewandtes Risikomanagement.
Nachmittags in der Siebtsemesterprojektstudie wies ich eine Gruppe in die geheime Kunst des Schätzens ein und wie man diese Schätzung kommuniziert. Na ja, so geheim ist das auch nicht und nicht mal Kunst. Man hätte sich schon in Vorbereitung meinen Vortrag Aufwandsschätzungen in der Softwaretechnik (im Rahmen der Virtuellen Vorlesungsreihe Wirtschaftsinformatik) ansehen können, aber gut. Der eigentliche Zweck war nicht unmittelbar die Schätzung, sondern die Überlegung, was alles zu tun ist, damit die Schätzung überhaupt etwas mit einer Realität zu tun hat.
Mittwoch. Kolloquium. Nette Vorstellungspräsentationen, die wieder einmal die Bandbreite der Wirtschaftsinformatik zeigen. Wieder einmal mit jemanden, die:der diese Präsentation erst dann hält, wenn die eigentliche Abschlussarbeit schon abgegeben ist. Was da an Feedback verschwendet wird. Bis ich auf die Idee kam, dass dann offensichtlich kein Feedback gewünscht wird.
Mittwoch. Softwaretechnik. Alle aufmerksam, außer die in den hinteren Reihen. Scheint bei denen ein Ritual zu sein. In die Vorlesung gehen, ohne daran teilzunehmen. Waren im Cafe alle Plätze schon voll?
Mittwoch. Besprechung. Mit zwei der daran teilnehmenden Kolleg:inn:en klönte ich vorab in unserem offenen Besprechungsbereich („Professorenlounge“), als zwei andere Kollegen um zusätzliche 15 Minuten baten, weil sie vorher noch etwas essen wollte. Alles klar, geht klar. Dann kam noch der letzte verbliebene Kollege vorbei, der überrascht ob des Besprechungstermins war. Er würde evtl. später dazu kommen. Und dann waren auf einmal die 15 zusätzlichen Minuten um, und dann noch einmal 15 Minuten und dann noch fünf Minuten. Also insgesamt 35 Minuten, oder 20 Minuten nach den 15 Minuten. Ich zog dan in aller Ruhe meine Radfahrkleidung an und fuhr nach Hause. Wieder einmal zeigt die Regel ihren Nutzen. Die beiden Späterkommenden meinten, dass sie uns Wartende vergessen hätten. Noch ein Argument für die Regel, besonders unter gleichberechtigten Kollegen. Das Argument, der Termin sei ja bis soundsoviel Uhr angesetzt, und ich hätte bis dann bleiben können, halte ich für wenig haltbar. Wenn der Termin wirklich so viel später hätte beginnen können, dann hätte man ihn ja entsprechend kürzer einplanen können. Nun ja. Die nächste Verspätung kommt bestimmt.
Mittwoch. Kategorientheorie. Als Gespräch von Zweien geplant, wollte ich nur als Zuhörer dabei sein. Rückblickend habe ich dann wohl recht viel gefragt. Als jemand, der sich im Studium auch in Algebra, Rekursionstheorie und anderen strukturellen Fragen vertieft hat, ist für mich die Kategorientheorie nie wirklich klar gewesen. Vielleicht, weil es allgemeiner Unsinn ist. Aber da viele aus der Teilmenge funktionaler Programmiersprachen, insbesondere Haskell, das Wort immer wieder fallen lassen, wollte ich es schon länger verstehen. Das Gespräch, dass dann sehr mathematisch wurde, hat mich einen Schritt näher gebracht. Die Struktur der Strukturen.
Donnerstag. Die Frisur hält. Die Regenfahrradhose war nur eine Fahrradhose. Viertsemesterprojektstudie. Alle noch recht unerfahren, aber deshalb sind sie ja dabei. Die Aufgabe der letzten 14 Tage war, die Arbeitsfähigkeit herzustellen. Notwendige Software installieren, ggf. bestehende System zum Laufen zu bringen, erste Anforderungen erheben, so etwas. Wenn unsereiner fragt, ob das erledigt wurde, bekommt man so gut wie nie ein Nein. Dann helfen Stichproben. Die Studierenden sollen mittels des Projektors zeigen, dass sie arbeitsfähig sind. Ergebnis: einer von vier zufällig ermittelten Studenten konnte das zeigen. Mal sehen, was in den Statusberichten zu den ersten zwei Wochen steht.
Danach gab es viele kleine nette Gespräche. Und in einer Gruppe konnte ich demonstrieren, was wissenschaftliche Herangehensweise ausmacht. Am Beispiel der Frage, welche Datenbank verwendet werden sollte. SQLite oder MySQL. Die Befürchtung war, dass SQLite nicht „skalieren“ würde. Einige sokratische Fragen später war den Studenten klar, dass MySQL in diesem Kontext definitiv nicht die Lösung war, wie geglaubt wurde. Ja, diese Projektstudie macht in diesem Semester viel Spaß. Definitiv ein Kandidat.
Freitag. Vorlesen. Grundschule. Wir haben eine dritte Regel eingeführt. Der Popo bleibt auf dem Stuhl. Seit Wochen versuchen die Schüler mein Alter herauszubekommen. Die Schätzungen reichen von 35 bis 75. Etwas frustriert fragte mich ein Schüler, warum ich mein Alter nicht sagen würde und statt dessen darauf bestand, selbst eine bestimmte Suche im Web durchzuführen. Über meine Antwort dachte er dann eine Zeit lang sichtbar nach. Ihr sollt nicht alles vorgekaut bekommen, sondern mal selber denken lernen.
Gilt nicht nur für die Grundschule, oder für die Hochschule.