Prof. Dr. Detlef Stern

Rückblick Sommersemester 2019

Das Sommersemester 2019 neigt sich dem Ende zu, Zeit für einen kleinen Rückblick.

Die erste Woche

Es begann für die Studenten mit einer Woche Verspätung. Ich besuchte in dieser Woche die Agile Beyond IT, um dort Agiles Studieren vorzustellen und mich nebenher über den gefühlt aktuellen Stand bei agilen Methoden weiterzubilden. Ergebnis: Agilität scheint in vielen Branchen angekommen zu sein, agile Methoden noch nicht so recht.

Informatik (1. Semester)

Jedes Semester kristallisiert sich nach einiger Zeit die Vorlesung heraus, bei der ich mich besonders freue, sie zu halten. Diesmal war es „Einführung in die Informatik“, gleich im 1. Semester.

Da sich im vorhergehenden Wintersemester 2018/9 knapp 100 Studenten zur Prüfung anmeldeten, aber nur etwas mehr als 40 die Klausur schrieben, war ich gespannt, ob nun der Hörsaal übervoll sein würde. Zu den 60 Studenten, welche die Klausur offenbar verschoben hatten, gesellten sich nominell ca. 50 Erstsemester. Aber weit gefehlt, zu Beginn waren 55 Studenten anwesend. Im Laufe des Semesters folgten etwa 40 Studenten der Vorlesung, gegen Ende waren es eher 30 Teilnehmer.

Was mich gefreut hat war die sehr aktive Beteiligung einer Gruppe von Studenten. Es gab viele gute Fragen, die uns alle weiterbrachten. In diesem Sinne freue ich mich im kommenden Semester auf die Lehrveranstaltung im 2. Semester.

Kuriosität am Rande: auch dieses Semester kamen nach 100 Klausuranmeldungen tatsächlich nur 40 Studenten zur Klausur. Dies lag wohl daran, dass durchgesickert war, jemand anderes würde im kommenden Semester die Veranstaltung übernehmen. Dabei hatte ich diesmal die identische Klausur wie im letzten Semester gestellt. Jeder hat so seine Motive.

Projektmanagement (2. Semester)

Hierzu habe ich letztens schon einiges geschrieben. Bitte dort weiterlesen.

Softwaretechnik (3. Semester)

Traditionell begrüße ich die Studenten zu dieser Vorlesung mit den Worten: „Herzlich willkommen im Hauptstudium. Bitte lernen Sie spätestens jetzt nicht nur auswendig, sondern hinterfragen Sie kritisch. Die Grundlagen dazu haben Sie im bestandenen Grundstudium gelegt.“

Normalerweise ergeben sich im Laufe eines Semesters viele Diskussionen über Softwarearchitekturen und inhaltliches Vorgehen bei der Softwareentwicklung. Diesmal nicht. Ein, zwei Teilnehmer beteiligten sich aktiv und kontinuierlich, wenige sporadisch, viele schrieben nur mit. Selbst, als ich absichtlich den einen oder anderen Fehler einbaute. Vielleicht waren diesmal viele dabei, welche die Klausur in den letzten Semestern zu locker nahmen.

Auch hier eine Kuriosität: im Rahmen der Studienkommissionssitzung (nettes Wort, nicht?) erhielt ich die Rückmeldung, der Inhalt sei viel zu schwer. Dies wunderte mich, da die Inhalte seit einiger Zeit unverändert geblieben sind und nur an aktuelle Gegebenheiten angepasst worden. Meine Rückfrage, was denn konkret so schwer sein solle, blieb unbeantwortet. Vielleicht waren einige durch die Diskussion mit einem der beiden Teilnehmer abgeschreckt worden, die doch ins sehr Detail gingen (was übrigens eine gute Vorbereitung des Studenten voraussetzt, da dieser sich erst durch das Studium mit dem Fach auseinandergesetzt hat). Wir haben dann jenseits der Vorlesung diskutiert.

Projektstudien (4. und 7. Semester)

In den zwei Projektstudien sollen die Studenten zeigen, dass sie selbständig Aufgaben bearbeiten können. Grundlage sind die bisherigen inhaltlich orientierten Lehrveranstaltungen, meistens Vorlesungen. Auch für mich ändert sich viel, da ich eher reagieren muss. Natürlich wiederholen sich manche Probleme, so dass man diese antizipieren kann. Und für etwas muss mein „Vorleben“ als Führungskraft auch nütze sein ;)

Im 4. Semester bearbeiten die Studenten in Gruppen (die meist zu Teams werden) bei mir eher interne Aufgabenstellungen. In diesem Semester wie die Unterstützung für meine Geschäftsprozesse „Notenvergabe“ und „Anmeldung zur Prüfungseinsicht“. Ein Team konnte und wollte eine externe Aufgabenstellung bearbeiten: die Website zum geplanten ÖPNV-Transparenzregister, ein Forschungsprojekt einiger Kollegen der Hochschule. Als angehende Wirtschaftsinformatiker ist das eine sehr angemessene Aufgabe.

Im 7. Semester wurden nur externe Aufgabenstellungen bearbeitet: Implementierung einer Sprachinteraktion im Kontext einer KFZ-Werkstatt (nachdem sich Alexa im letzten Semester als ungeeignet herausgestellt hat); Aufbau einer Website zur Sammlung von Security-Patterns zur Entwicklung von IoT-Systemen; Implementierung einer offenen Software zur langfristigen Bereitstellung von Dokumenten inklusive Anwendung von IndieWeb-Prinzipien.

Bei allen Projektstudien kam meine frisch entwickelte Software zur Gruppeneinteilung zum Einsatz. Im Unterschied zum Agilen Studieren gaben die Studenten keine Präferenzen für andere Gruppenmitglieder an, vielmehr erfolgte die Einteilung auf Basis eines kleinen Persönlichkeitstest.

Mit den Ergebnissen bin ich bei beiden Projektstudien soweit zufrieden, auch wenn sich zwischen den Gruppen und zwischen den Semestern teilweise erhebliche Unterschiede aufkamen.

Details zu allen Projektstudien findet man hier.

Seminar (6. Semester)

Seit langer Zeit veranstaltete ich wieder ein Seminar. In der Vorbereitung wollte ich, wie sonst üblich, wieder Themen / Gebiete vorbereiten, für die sich die Teilnehmer bewerben konnten. Leider führte das in der Vergangenheit gerne dazu, dass einzelne Studenten sich rechtzeitig ein Thema reservierten, um dann die Seminararbeit doch nicht abzugeben.

Ein Seminar soll auf die Anfertigung einer Abschlussarbeit vorbereiten, mithin auch ein wenig auf das Forschen in etwas unbekanntem Gebiet. Was spricht dagegen, sich einmal mit How to write a great research paper zu befassen?

So habe ich nur ein grobes Themengebiet vorgegeben. Die Studenten sollten vorab recherchieren, welche Probleme es in diesem Gebiet gab und mir eine Problemidee präsentieren. Sofern ich die Problemidee als mögliches Problem bestätigte, konnten die Teilnehmer darüber die Seminararbeit schreiben.

Einige Teilnehmer hatten mit einer so offenen Aufgabenstellung ihre Schwierigkeiten, zumal es eine Frist zur Präsentation der Idee gab. Stichwort: Studentensyndrom. Aber die ersten inhaltlichen Diskussionen waren recht vielversprechend. Die Abschlusspräsentationen, also die Problempräsentation, waren von wesentlich besserer Qualität als früher.

Da galt leider nicht für die Seminararbeiten selber, wie auch für Diskussionen im späteren Lauf des Semesters. Die „Diskussionen“ hatten meist formale Aspekte, wie erlaubte Seitenanzahl, zum Thema. Die meisten Arbeiten bestanden größtenteils aus Literaturrecherchen. Nur wenige versuchten zu zeigen, dass sie auch konstruktiv etwas erarbeiten können. Da muss ich mir für das kommende Semester überlegen, wie hierbei etwas zu ändern ist.

Sonstiges

Ein Semester besteht nicht nur aus Lehrveranstaltungen. Es gibt Dienstbesprechungen, es hätte eine Fachbeiratssitzung gegeben (wenn diese nicht ausgefallen wäre), Fakutätsratssitzungen, Planungssitzungen und die schon oben angesprochene Sitzung der Studienkommission.

Letztere war für mich dieses Semester etwas, hmm, strange. Nicht, weil es Beschwerden über meine Art zu unterrichten gab. Vielmehr, weil keine einzige dieser Beschwerden begründet werden konnte. Manche Beschwerde bezog sich sogar auf Veranstaltungen, die ich bisher niemals gehalten hatte (weil diese nicht zu meinem Fachgebiet gehören). Nun ja, strange.

Weniger strange, weil leider zu menschlich, ist die nicht-existente Anerkennung der Dinge, die manche Professoren, auch ich, sonst gefühlt unüblicherweise für unsere Studenten leisten, wie zum Beispiel Antworten innerhalb Tagesfrist, Ansprechbarkeit auch via eines Messengers, Tipps und Tricks via Twitter, Rat bei persönlichen Problemen, … Nun ja, so ist das Spiel, äh Leben.

Ausblick

Dieses Semester konnte ich viel lernen und lächeln. Das Spannungsfeld zwischen der Sprache der Lehre und der Sprache des Lernens lässt wenig Routine zu. Zum Glück.

Das nächste Semester verspricht viele Änderungen. Ein Teil der Hochschule, und ich mit ihr, zieht an einen neuen Standort. Konnte ich bisher zu Fuß in den Hörsaal, muss ich nun das Fahrrad nutzen. Vielleicht hilft es meiner Fitness.

Wir, d.h. viele meiner Kollegen im Studiengang Wirtschaftsinformatik und ich, bieten zwei neue Studiengänge an. Der Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik – Informationsmanagement und Data Science soll den Bachelorstudiengang konsekutiv fortführen. Die 15 Studienplätze werden aller Voraussicht nach belegt werden. Der berufsbegleitende Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik – Digitale Transformation erweitert Kenntnisse und Fähigkeiten von Bachelorabsolventen, die schon im Berufsleben stehen.

Im ersten Masterstudiengang werde ich im kommenden Semester die Projektstudie „Informationsmanagement“ veranstalten. Im Unterschied zu den Projektstudien im Bachelor geht es dort weniger um Realisierungsleistungen, sondern mehr um vergleichende Umsetzungskompetenzen.

Im berufsbegleitenden Masterstudiengang werde ich die Fächer „Software Engineering für die digitale Transformation“ und „IT-Projektmanagement, IT-Sicherheit und IT-Recht“ veranstalten. Dort freue ich mich auf die ganz andere Art der Lehre.

Meine Teilnahme an den neuen Studiengängen ist übrigens ein Grund, dass ich im nächsten Semester tatsächlich nicht die Erstsemestervorlesung „Einführung in die Informatik“ halten werde. Ich bedaure dies, weiß aber um die endliche Zeit, die wir alle haben.